Hinweisgeberschutzgesetz

HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG

Am 01.02.2023 hat der Nationalrat mit knapp eineinhalbjähriger Verspätung das HSchG beschlossen. Nach Befassung des Bundesrates wurde das Bundesgesetz über das Verfahren und den Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimmten Rechtsbereichen (HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG) mit dem Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 6/2023 am 24.02.2023 kundgemacht und ist seit 25.02.2023 in Kraft.

Interne Meldestellen (zB ein Whistleblowing-System wie TheConfidant) sind verpflichtend von juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts und von eingetragenen Personengesellschaften ab 50 Mitarbeitern einzurichten und zwar je nach Unternehmensgröße

  • bis 25.08.2023 für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen mit mehr als 250 Beschäftigten  
  • bis 17.12.2023 für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen mit mehr als 50 Beschäftigen

1. Hintergrund

Whistleblowing bezeichnet international schon seit Jahrzehnten Fälle, in denen es Menschen mit Insiderwissen gelingt, Rechtsverletzungen mit beträchtlichem Schaden für die Allgemeinheit aufzudecken und durch ihr Aufdecken weiteren Schaden zu verhindern. Hinweisgeber („Whistleblower“) sind Personen, die aus ihrem beruflichen Umfeld Informationen über Praktiken wie unter anderem Betrug, Korruption, Gesundheits- oder Umweltgefährdungen erlangt haben und diese Informationen weitergeben. In der Realität ist der Druck vor Anfeindungen und von Repressalien für Hinweisgeber enorm.

Das HSchG dient der Umsetzung der RL 2019/1937/EU zum „Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ (in der Folge „Richtlinie“ oder „WB-RL“) und hat zum Ziel, in Lebensbereichen von besonderem öffentlichen Interesse die Bereitschaft zu rechtmäßigem Verhalten zu bestärken, indem Hinweisen auf Rechtsverletzungen einfache Verfahren mit vorhersehbaren Abläufen zur Verfügung stehen. Dabei sind Hinweisgeber und Personen in ihrem Umkreis vor persönlichen Nachteilen (Vergeltungsmaßnahmen) zu schützen.

Die Umsetzung beschränkt sich auf die von der RL zwingend vorgegebenen Inhalte. Damit sollen die vermeintlichen Belastungen, die für kleinere und mittlere Unternehmen mit den neuartigen Einrichtungen zur Ermöglichung des Whistleblowings verbunden sind, geringgehalten werden.

2. Geltungsbereich des Gesetzes

2.1. Persönlicher Geltungsbereich

Umfasst vom HSchG sind Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Verbindung zu einem Rechtsträger des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts Informationen über Rechtsverletzungen erlangt haben. Diese Personen sind zB (ehemalige) Arbeitnehmer oder Bedienstete des Rechtsträgers. Arbeitnehmerähnliche Personen und freie DienstnehmerInnen fallen als selbstständig erwerbstätige Personen ebenfalls in den persönlichen Geltungsbereich des HSchG. Der Hinweis muss die Qualität von Insiderwissen aufweisen, das nur über die berufliche Tätigkeit zu erlangen ist. Unbeteiligte Dritte unterliegen grundsätzlich nicht dem Schutz des HSchG, jedoch sind Personen im Umfeld des Hinweisgebers, die diesen unterstützen, wie zB Arbeitskollegen, vom Schutz des Gesetzes umfasst.

2.2. Sachlicher Geltungsbereich

Zur Einrichtung interner Meldestellen sind Organisationen in Form juristischer Personen ab 50 Beschäftigten verpflichtet, und zwar Detail:

  • bundesgesetzlich geregelte juristische Personen des öffentlichen Rechts,
  • juristische Personen des privaten Rechts, deren Anteile ganz oder teilweise im Eigentum des Bundes stehen und vom Bund im Allgemeininteresse gegründete juristische Personen mit jeweils 50 oder mehr Bediensteten sowie sonstige juristische Personen des Privatrechts und
  • eingetragene Personengesellschaften mit 50 oder mehr Bediensteten (siehe § 3 Abs 1 iVm § 5 Z 6, 9, 10 und 13 HSchG).

 

Umfasst sind nach § 3 Abs 3 unter anderem folgende Rechtsgebiete:

  • öffentliches Auftragswesen
  • Verbraucherschutz
  • Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
  • Datenschutz, sprich Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen
  • Produktsicherheit und -konformität
  • Verkehrssicherheit
  • Umweltschutz
  • öffentliche Gesundheit
  • Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tierschutz
  • Verhinderung und Ahndung von Straftaten nach den §§ 302 bis 309 StGB.

§ 5 HSchG enthält Legaldefinitionen zu in der Richtlinie enthaltenen Begrifflichkeiten. Zur Konkretisierung des unionsrechtlichen Begriffs des „öffentlichen Sektors“ beruht die vorgeschlagene Definition der „Juristischen Person des öffentlichen Rechts“ auf § 4 Abs 1 BVergG 2018 und umfasst Rechtsträger der Hoheits- und der Privatwirtschaftsverwaltung im Umfang dieser Bestimmung, soweit sie juristische Personen sind (Z 6). Der Begriff „Unternehmen“ umfasst für den privaten Sektor jene Organisationseinheiten in Form juristischer Personen, die ab einer Größe von 50 Beschäftigten zur Einrichtung interner Meldestellen verpflichtet sind. Alle Organisationseinheiten in Form juristischer Personen, die nicht juristische Personen oder sonstige Rechtsträger des öffentlichen Rechts sind, sind „Unternehmen“. Unter den Begriff „Unternehmen“ nicht nur gewinnorientiert, gewerblich, wirtschaftlich etc tätige Unternehmen iSd § 1 Abs 2 UGB, sondern auch Vereine und gemeinnützige Organisationen.

3. Schutzwürdigkeit von Hinweisgebern

Die Voraussetzungen dafür, dass Hinweisgeber Anspruch auf Befassung der internen und der externen Stellen und ab dem Zeitpunkt der Abgabe des Hinweises einen Anspruch auf den spezifischen Rechtsschutz haben, sind:

  • Dem Hinweisgeber liegt eine Information vor, die nach allgemeiner Erfahrung Richtigkeit für sich beanspruchen kann.
  • Die Information stellt einen Sachverhalt fest, der als solcher, wenn er tatsächlich vorliegt, nach allgemeiner Erfahrung den Verdacht einer Rechtsverletzung nahelegt.
  • Der Hinweisgeber ist subjektiv von der Richtigkeit der Information und der Verwirklichung des Sachverhalts überzeugt und kann als nicht rechtskundiger Mensch annehmen, dass das HSchG zur Anwendung kommt.


Wesentlich sind der Schutz der Identität des Hinweisgebers und an der Hinweisgebung Beteiligter und der Schutz ihrer personenbezogenen Daten (§ 7, § 8 HSchG). Über den Kreis der unmittelbar mit einem Hinweis befassten Personen hinaus sollte die Identität nur dann offengelegt werden können, wenn dies im Rahmen behördlicher Untersuchungen, im Rahmen eines verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf die Stichhaltigkeit und Schwere der erhobenen Vorwürfe und auf eine Gefährdung der Person des Hinweisgebers verhältnismäßig ist. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist für die Zwecke des HSchG zulässig, wobei die jeweiligen Bestimmungen der DSGVO einzuhalten sind.

4. Interne und externe Meldestellen

Weiterer wesentlicher Inhalt ist die institutionelle Verankerung und die Errichtung organisationsinterner Meldekanäle für mögliche Hinweise. § 11 Abs 1 HSchG geht vom Grundgedanken aus, dass es im Interesse der Organisationen selbst liegt, interne Stellen derart attraktiv zu gestalten, dass sich Hinweisgeber in erster Linie an die interne Stelle wenden und nicht an einen externen Meldekanal.

“ … Das interne Hinweisgebersystem ist in einer Weise einzurichten, die Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber dazu anregt, Hinweise der internen Stelle gegenüber einer externen Stelle bevorzugt zu geben. …“

Als Anforderungen an die Meldekanäle gelten insbesondere:

  • Die internen Meldekanäle müssen über angemessene personelle und finanzielle Ressourcen verfügen.
  • Die verwendbare Technik und das zu verwendende Mittel der Kommunikation mit potenziellen Hinweisgebern ist nicht konkret vorgegeben, jedoch müssen die Vertraulichkeit der Identität der Hinweisgeber und Dritter, die in der Meldung erwähnt werden, gewahrt werden können, und die Hinweisgebersysteme müssen technisch und organisatorisch gemäß Art 25 der DSGVO geeignet sein.
  • Hinweise müssen der internen Stelle schriftlich oder mündlich oder in beiden Formen gegeben werden können.
  • Mitarbeiter der internen Stelle dürfen bei der Entgegennahme und Weiterverfolgung von Hinweisen nicht Weisungen unterworfen werden, sie müssen die Möglichkeit haben, unparteilich und unvoreingenommen vorzugehen.

Als zusätzliche Instrumente der Unterstützung der Hinweisgebung sollen neben internen auch externe Meldekanäle eingerichtet werden. Dabei bleibt es den Hinweisgebern vorbehalten, ob sie sich an den internen oder direkt an die externe Meldestelle wenden. Das HSchG sieht in § 15 als einheitliche Stelle für Externe Hinweise das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung vor.

Die Richtlinie fordert in unzähligen Erwägungsgründen, die Wirksamkeit der Hinweisgebung und des Hinweisgebersystems ein, zumal „mangelndes Vertrauen in die Wirksamkeit von Meldungen ein wesentlicher Faktor ist, der potenzielle Hinweisgeber abschreckt.“

Durch die Möglichkeit gemäß Art 8 Abs 5 der WB-RL den internen Meldekanal bzw. das interne Hinweisgebersystem extern an einen Dritten wie „The Confidant“ auszulagern, werden u.a. nicht nur unternehmensinterne Ressourcen geschont, sondern kann gleichzeitig die von der WB-RL geforderte Wirksamkeit und Akzeptanz durch den Hinweisgeber sichergestellt werden.

  • Die Möglichkeit „Dritte“, also „The Confidant“, als interne Stelle zu beauftragen ist entsprechend auch in §13 Abs 4 HSchG ausdrücklich vorgesehen.

5. Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen

§ 20 HSchG enthält die Regelung, dass Maßnahmen, die in Vergeltung eines berechtigten Hinweises erfolgt sind, rechtsunwirksam sind oder zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands verpflichten. Solche Maßnahmen sind ua: Suspendierung, Kündigung; Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags; vorzeitige Kündigung oder Aufhebung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen; Herabstufung oder Versagung einer Beförderung; Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes, Minderung des Entgelts, Änderung der Arbeitszeit.

6. Strafbestimmungen

§ 24 Z 1 bis Z 4 HschG zählt die Verhaltensweisen auf, die iZm Hinweisgebung mit einer Strafe bis zu € 20.000,- (im Wiederholungsfall bis zu € 40.000,-) bedroht sind. Dazu zählt ua die Behinderung der Hinweisgeber im Zusammenhang mit einer Hinweisgebung oder das Setzen einer Vergeltungsmaßnahme. Keine Strafdrohung ist für das Unterlassen der Einrichtung eines internen Hinweisgebersystems durch gemäß § 11 Abs 1 HSchG dazu Verpflichtete vorgesehen.

Hinweis: Für die Einrichtung von internen und externen Stellen ist eine Übergangsfrist von 6 Monaten (juristische Personen und Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten) ab dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes (mit dem der Kundmachung folgenden Tag), somit bis 25.08.2023 vorgesehen. Die §§ 11 bis 13 HSchG hinsichtlich der Unternehmen und juristischen Personen mit weniger als 250 Beschäftigten treten am 17.12.2023 in Kraft.

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